Holocaust-Zeitzeugin fasziniert die Q2

Holocaust-Gedenken am Leibniz - Besuch von Halina Birenbaum am 24.01.2020

Die Holocaust-Überlebende Halina Birenbaum besuchte anlässlich des Internationalen Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar) auch in diesem Jahr wieder das Leibniz-Gymnasium und berichtete den Geschichtskursen der Jahrgangsstufe Q2 wieder sehr bewegend von den dunkelsten Kapiteln ihres Lebens. Bei guter Gesundheit schilderte die bemerkenswerte 90jährige die Zeit ihrer Jugend im besetzten Warschau, die Deportation aus Warschau sowie ihren Aufenthalt in den Konzentrationslagern Lublin-Majdanek, Auschwitz-Birkenau, Ravensbrück und Neustadt-Glewe, sowie ihre Befreiung Anfang 1945 und ihrem Leben seit der Emigration nach Israel in der Nachkriegszeit.

Nach dem Besuch haben wir ein paar Stimmen und Eindrücke aus der Jahrgangsstufe zum Vortrag, zur Diskussionsrunde und aus der unterrichtlichen Nachbesprechung gesammelt und hier zusammengefasst.

Halina Birenbaum überraschte viele Schülerinnen und Schüler zunächst mit ihrer sympathischen und nahbaren Art und sorgte so dafür, dass sich die Anspannung, die im Raum zunächst greifbar war, sehr schnell legte und eine "Verbindung auf menschlicher Ebene" entstand.

Als besonders beeindruckend empfanden die Schülerinnen und Schüler der Q2, dass Halina Birenbaum, überhaupt die Kraft und Energie fand, sich "nahezu 2 Stunden Zeit zu nehmen", um so detailreich von schlimmsten persönlichen Erfahrungen zu berichten und dabei eine schier unglaublich große Lebensfreude, Stärke und vor allem den "Drang zu Erzählen" und zur Begegnung mit ihrem Publikum auszustrahlen.

Persönlich sehr nah gingen vielen Schülerinnen und Schülern die Schilderungen Birenbaums zum Verlust des Vaters und der Mutter und wie letztere ihre junge Tochter im Angesicht des nahenden Todes noch zu trösten und zu beruhigen versuchte.

Der Umgang Birenbaums mit solchen Erinnerungen rang unserem Vortragspublikum sehr großen Respekt ab. Halina Birenbaum habe trotz ihrer furchtbaren Geschichte ihr Leben danach gelebt und mit einer "überlegenen Gelassenheit" ihre Erlebnisse geschildert, kommentierten die Schülerinnen und Schüler die Tatsache, dass Frau Birenbaum keinerlei Hass gegenüber den Deutschen an sich verspürte und bis heute nicht verspürt. "Hass", so Birenbaum, koste "viel zu viel Energie" - Energie, die sie in ihrem fortgeschrittenen Alter nicht verschwenden, sondern zukunftsfördernd einsetzen wolle.

Nach Beendigung des Vortrags und der anschließenden Fragerunde bedankten sich viele Schülerinnen und Schüler auch persönlich noch einmal bei Halina Birenbaum für die Möglichkeit, von einer Überlebenden des Holocaust berichtet zu bekommen und sich darüber hinaus im persönlichen Gespräch mit ihr auszutauschen. Ihr Bericht habe das Verständnis von der Grausamkeit der NS-Herrschaft noch einmal "eindringlicher und verstehbarer gemacht". Diese Möglichkeit wurde als nicht selbstverständlich empfunden.

In der unterrichtlichen Nachbesprechung reflektierten die Schülerinnen und Schüler auch ihre Rollen in der heutigen Gesellschaft und in Bezug zur heutigen Erinnerungskultur. Im Bewusstsein, als junge Deutsche heute selber keine Schuld zu tragen, wurde ein sogenannter "Schuldkult", wie er von der politischen Rechten wieder vermehrt behauptet wird, entschieden zurückgewiesen. Diese Idee wurde klar als politische Konstruktion entlarvt. Eine aktive Gedenkkultur sei heute mehr denn je von Nöten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verlören nicht an Gewicht, auch wenn sie weit in der Vergangenheit liegen. Mehr noch identifizierten die Schülerinnen und Schüler sich mit der Pflicht, an die Verbrechen während des Nationalsozialismus zu erinnern, solange die Gefahr ihrer Wiederholung sich in den Äußerungen heutiger rechter Demagogen wieder deutlich zeige.

Ein Zeitungartikel zum Besuch Halina Birenbaums ist auch in der WAZ erschienen. Er findet sich hier: https://www.waz.de/staedte/gelsenkirchen/gelsenkirchen-ueberlebende-schildert-schuelern-die-kz-hoelle-id228248415.html

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