Leibniz-Direktor holt Cottbuser Theater nach Gelsenkirchen

Am 14. Januar gibt das Jugendtheater „Piccolo“ Cottbus ein Gastspiel in Gelsenkirchen. In dem Stück geht es um das Thema „Stolpersteine“.

Seit dem Jahr 1908 steht an der Breddestraße in Gelsenkirchen-Buer das altehrwürdige Schulgebäude, in dem heute das Leibniz-Gymnasium untergebracht ist. Seitdem sind Tausende Schülerinnen und Schüler durch das Eingangsportal hindurchgegangen. Unter ihnen auch Wolfgang Maas. Doch Maas, Jahrgang 1920, ist in keiner Abiturliste vermerkt. Nach nur drei Jahren musste der Schüler jüdischen Glaubens 1934 die Schule verlassen, sein Weg führte ihn in den folgenden Jahren von Buer über Holland nach Auschwitz, wo er 1945 von den Nazis umgebracht wurde. Heute erinnert ein Stolperstein an sein kurzes Leben: Er ist vor dem Eingangsportal der Schule in das Pflaster eingebettet.

Michael Scharnowski, Schulleiter des Leibniz-Gymnasiums, hockt vor dem Stolperstein. Im Juni 2020 wurde der Stein dort verlegt, nur wenige Wochen vor Scharnowskis Amtsantritt. „Das war zu Hochzeiten von Corona und ist im Schulleben leider ein wenig untergegangen“, bedauert Scharnowski. Der Pädagoge weist auch noch auf zwei weitere Stolpersteine hin, die ebenfalls an zwei Schüler des heutigen Leibniz-Gymnasiums erinnern, das damals noch „Hindenburg-Gymnasium“ hieß: Kurt und Werner Löwenstein, deren Eltern an der heutigen Horster Straße ein Modegeschäft betrieben. Anders als Wolfgang Maas gelang es der Familie Löwenstein aber, der Mordmaschinerie der Nazis zu entkommen, sie emigrierte in die USA.

Der Besuch des Jugendtheaters in Gelsenkirchen hat schon Tradition

Für Michael Scharnowski ist es eine Selbstverständlichkeit, die Erinnerung an NS-Zeit und Holocaust innerhalb der Schulgemeinschaft lebendig zu halten. „Ich habe leider das Gefühl, als sei das Thema in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler nicht mehr so verankert, wie es sein sollte“, sagt der Schulleiter. Eine Aktion, um dem entgegenzuwirken, ist der Besuch einer Theatertruppe aus einer Partnerstadt von Gelsenkirchen: Am Samstag, 14. Januar, ist das Jugendtheater „Piccolo“ aus Cottbus zu Gast und führt im Consol-Theater das Stück „stolpern“ auf.

Zu Cottbus im Allgemeinen und der Theatergruppe im Besonderen hat Scharnowski eine Beziehung, die schon viele Jahre zurückreicht. Als junger Lehrer hatte er in den 1990er-Jahren für einige Zeit an einer Cottbuser Schule unterrichtet und dort die Bekanntschaft mit dem Theaterprojekt gemacht. Als er wieder in Gelsenkirchen unterrichtete, hielt er den Kontakt aufrecht: Seitdem kommen die Cottbuser in der Regel einmal pro Jahr ins Ruhrgebiet und führen hier ihre Stücke auf.

Hier gibt es Karten für das Theaterstück

In dem Stück „stolpern“ nimmt die Theatergruppe, die schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde, das Thema Stolpersteine auf. Darin setzt sich eine Gruppe junger Menschen aus Berlin und Cottbus mit einer Gegenwart auseinander, in der rechtsnationale Parteien erstarkt sind und sogenannte Protestbewegungen, völkisches Gedankengut skandierend, durch die Innenstädte ziehen. „Wie mit dem Wissen um Verfolgung, Deportation und Ermordung verschiedener, bis heute marginalisierter Gruppen umgehen?“, heißt es in der Beschreibung des Stücks. „Wie dieses Wissen erhalten? Was dem gesellschaftlichen Rechtsruck entgegensetzen? Und vor allem: Wie sich – heute und in Zukunft – entschieden gegen Rassismus und Diskriminierung stellen?“ Das Stück ist eine Coproduktion des Jugendtheaters „Piccolo“ mit der Berliner Schaubühne am Lehniner Platz.

Am Tag vor der Aufführung im Consol-Theater bietet Theaterpädagogin Mai-An Nguyen vom „Piccolo“-Theater am Leibniz-Gymnasium einen Theater-Workshop an, an dem Schülerinnen und Schüler aus den Geschichte-Leistungskursen sowie die Theater-AG des Gymnasiums teilnehmen werden. Scharnowski hofft, dass möglichst viele Schüler die Aufführung am 14. Januar besuchen werden. „Wir werden eine gemeinsame An- und Abreise organisieren“, sagt er, „die Straßenbahnlinie 301 fährt ja direkt von Buer zum Consol-Theater.“

Das Stück „stolpern“ ist am Samstag, 14. Januar, 19 Uhr, im Consol-Theater zu sehen. Karten gibt es unter 0209 988 2282.

Foto: Michael Helbig, Text: Matthias Heselmann

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