Seiteneinstieg: Feedback erwünscht

Hoh: Wie gut habt ihr euch eingelebt mittlerweile? Auf einer Skala von 1 bis 10, wie sehr fühlt ihr euch bereits als Leibniz-Schüler?

Genannt werden Werte zwischen 7 und 10.

Najah (EF): Würde ich genauso sagen. Räume suchen und so weiter… Bei mir hat es vielleicht etwas länger gedauert, ich war das einzige Mädchen von meiner Realschule, und es brauchte seine Zeit, bis ich Freunde gefunden hatte.

Hoh: Wie lange brauchtet ihr zum Einleben?

Verschiedene EF-SuS: Eine Woche… zwei… ein Monat… 6 Wochen. Silas (Q2) hat den Fragebogen ausgefüllt; für ihn waren es 1 ½ Jahre. Aber auch er gibt jetzt 8.5 Punkte.

Jan (Q1): Man merkt schon, dass die anderen, also die Leibniz-Schüler, sich besser kennen untereinander, aber wir sind hier nett aufgenommen worden. Mittlerweile gibt es kaum noch Unterschiede.

Joana (Q2): Trotzdem, bis zur Q2 bleibt man noch viel in den Realschulgruppen zusammen, so wie viele Leibniz-Oberstufenschüler in ihren ehemaligen Klassen.

André (Q2): Es war gut, dass wir „Realschüler“ im ersten Jahr in den Kernfächern zusammen Unterricht hatten, da wurde das Niveau angeglichen, und wir hatten sofort Kontakt mit anderen Realschülern. (Viel Zustimmung) Zum Anschnuppern mit den Leibniz-Schülern hatten wir dann die übrigen Fächer. In den LKs war es dann so, dass meine Freunde komplett andere Fächer hatten, und so konnte und musste ich schnell neue Kontakte knüpfen. Ich komme mit eigentlich allen recht gut klar, und fühle mich jetzt komplett als Leibniz-Schüler.

Ariana (Q2): Das ging ganz schnell. Wenn man offen ist und auf andere zugeht ist es kein Problem. Trotzdem: Es gibt immer noch Insider-Sachen, wo wir nicht dabei waren…

Vanessa (Q2): Genau, Jochgrimm, frühere Exkursion… das haben wir halt nicht mitbekommen, das ist manchmal ein bisschen blöd. Aber wir haben ja auch unsere gemeinsamen Erfahrungen und erzählen davon, andere fragen nach, es hat sich insgesamt gebessert und entspannt. Ein Leibniz-Schüler sagte allerdings in der EF, dass Realschüler dumm und sowieso nach einem Jahr wieder weg sind…

Hoh: Da habt ihr aber das Gegenteil bewiesen.

Adriana: Vereinzelt hat man sowas auch von Lehrern gehört (andere stimmen zu). Die Erwartungshaltung zwischen Lehrern und den Gymnasiasten war anders, die kannten sich oft schon lange. Bei uns hieß es dann: Ach, Realschüler, na gut, ich erklär’s nochmal.

Silas: Vor allem in Chemie gab es viel Zusatzmaterial, das war sehr hilfreich.

Vanessa: Es war besser, an Lehrer zu geraten, die schon mal einen Realschulkurs gemacht hatten.

André: Wobei wir durchaus auch Vorteile hatten in manchen Fächern. Ein Jahr mehr Schule heißt auch, dass man bestimmte Sachen genauer und mit mehr Übungen durchgenommen hatten. In den Gesellschaftswissenschaften habe ich uns immer auf dem gleichen Niveau gesehen wie die Gymnasiasten. Aber für das Fach Mathematik gilt auf jeden Fall: Gut dass wir Seiteneinsteiger da erstmal unter uns waren.

Hoh: Was war denn in den ersten Wochen besonders schwierig, und wer oder was hat geholfen?

Najah: In der zweiten Woche habe ich geweint, das lag an den Hausaufgaben, das kannte ich nicht. In allen Fächern! Und ich dachte: Heißt das, ich werde das nicht schaffen? War es die falsche Entscheidung? Aber jetzt habe ich mich daran gewöhnt, und die meisten anderen Realschüler auch. Wenn man schnell Freunde gefunden hat, oder wenigsten einen, dann geht es leichter. (Viel Zustimmung)

Hoh: Halten wir fest: Seiteneinsteigerklassen in Deutsch, Mathematik und Englisch sind eine gute Sache… Habt ihr eigentlich Kontakt gesucht zu den Fachlehren?

Meinungsbild zeigt: Eher wenig, man hat sich eher untereinander geholfen. „Man schämt sich ein bisschen zuzugeben dass man Schwierigkeiten hat“, wird gesagt.

Hoh: Habt ihr die Beratungsangebote von den Stufenleitern genutzt?

Joana: Ich habe erst immer versucht, fachliche Probleme mit Mitschülern zu lösen, dann mit den jeweiligen Fachlehrern, und wenn das nicht half, konnte man immer noch zur Stufenleitung gehen, das war seht hilfreich.

Hoh: Kommen wir zum Arbeitsaufwand: Was hat sich verändert? Unterricht am Nachmittag natürlich, vor allem Sport…

Adriana: Ganz viel hat sich verändert. An der Realschule hatten wir eigentlich die Nachmittage frei, mal ein paar Vokabeln lernen, das war’s schon… jetzt ist man richtig kaputt wenn man irgendwann nach Hause kommt, und man muss sich zwingen, noch etwas zu tun. Wir haben das eigentlich nicht gelernt selbständig zu lernen. Jetzt ist es so, dass wir die ganze Zeit dranbleiben müssen, das ist schwierig.

Joana: Genau, ich war auch voll überfordert am Anfang, erst in der Q1 habe ich allmählich gelernt mich zu organisieren. An manchen Tagen verzweifelt man und würde am liebsten abbrechen, aber man gewöhnt sich dran, und irgendwann klappt’s dann auch. (Zu den EF-Schülern:) Lasst den Kopf nicht hängen, es wird irgendwann wieder besser.

Vanessa: Auch einige Fächer bleiben auf der Strecke. Man tut nur dafür noch das Nötigste, alles geht nicht. Hauptsache kein Defizit ist das Motto. Latein ist so ein Fach: Einfach zu viel für die meisten Seiteneinsteiger.

Hoh: Das gleiche wird für Französisch gelten. Trotzdem: In jedem Jahrgang gibt es Seiteneinsteiger, die die neu einsetzende Fremdsprache ins Abitur mitnehmen.

Joana: Auch wenn sich das doof anhört: Ich habe am Anfang gerne Latein gemacht. Jetzt, so kurz vor dem Abitur, sind andere Fächer dann aber wichtiger. Man muss genau schauen, wo man mehr Arbeit reinsteckt und wo nur das Nötigste.

Vanessa: Das Problem sind die Lehrer, die meinen, dass man auf jeden Fall in ihrem eigenen Fach viel machen muss, weil es das wichtigste ist… (allgemeines Gelächter)

Hoh: Welche Wünsche in Bezug auf Unterstützung habt ihr?

Adriana: Mehr Verständnis, wenn man am Anfang nicht so schnell ist.

André: Wir waren von den Realschulen sehr daran gewöhnt, individuell gefördert zu werden. Bei großen Oberstufenkursen geht das nicht immer so gut, und da haben wir auch Verständnis. Trotzdem wäre es schön, wenn man die Lehrer - gerade in Mathe zum Beispiel – leichter ansprechen könnte, vielleicht dass sie einem nach der Stunde noch mal etwas erklären, auch wenn das von ihrer Pause abgeht, oder Bonusmaterial für schwächere Schüler vorzubereiten.

Auch schön wäre es, wenn es am Anfang etwas weniger Hausaufgaben gäbe, die man dann allmählich steigert. So geht es zu schnell von „gar nichts“ bis auf einen Berg. (allgemeine Zustimmung) Nachtschicht und dann nullte Stunde, das ist nicht selten…

Hoh: Welche Tipps würdet ihr zukünftigen Seiteneinsteigern geben?

Silas und Hakan schreiben: Macht eure Hausaufgaben, und das gilt besonders für die Erich-Kästner Realschüler (da herrscht Hausaufgaben-Verbot). Und chillt lieber nicht so viel.

Joana: Auf jeden Fall in der EF möglichst viele Fächer schriftlich belegen, rumprobieren, um zu schauen wo man am besten zurecht kommt. Ein Halbjahr dies, im nächsten Halbjahr was anderes. Auch wenn mal eine schlechte Note dabei ist.

André: Man muss den Seiteneinsteigern aber ganz klar sagen, wie entscheidend die Fächerwahl ist später für das Abitur.

Najah: Und immer dran denken: Eine schlechte Note am Anfang heißt nicht, dass man dumm ist.

Vanessa: Und die Gymnasiasten mit ihren dummen Sprüchen nicht so ernst nehmen. Immerhin haben wir fast alle einen super Realschulabschluss, das ist schon viel wert. Und das mit einer richtigen Abschlussprüfung, die müssen die Gymnasiasten ja gar nicht machen.

André: Gymnasiasten, Realschüler: Das ist jetzt spätestens Schubladendenken. Wir sind alle Gymnasiasten.

 

Apropos: Unsere Seiteneinsteiger kommen aus allen nur denkbaren Realschulen des Kreises.

Senem: Gerhard Hauptmann-Realschule (GHR)

Najah: Realschule Mühlenstraße (RM)

Buket: GHR

Jan: Erich Kästner Realschule Gladbeck (EKR)

Joana: EKR

André: EKR

Adriana: RM

Vanessa: Michael, Hassel

Julia: St. Ursula, Dorsten

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